Recht auf Mietzinsreduktion bei zu kalter Wohnung trotz 19-Grad Regelung des Bundesrates?

Recht auf Mietzinsreduktion bei zu kalter Wohnung trotz 19-Grad Regelung des Bundesrates?

12.10.2022

Der Bundesrat droht aufgrund der Energiekrise und steigenden Gaspreisen mit einer amtlichen Begrenzung der Wohnungstemperaturen auf 19 Grad. Müssen Mieterinnen und Mieter kalte Wohnungen akzeptieren und müssen Vermieterinnen und Vermieter die Mietzinsen reduzieren?

Bundesrat droht mit 19-Grad Grenze für Wohnungen

Angesichts des drohenden Gasmangels und der steigenden Energiepreise im kommenden Winter hat der Bundesrat zwei Verordnungsentwürfe in die Konsultation geschickt. Einerseits geht es um das Verbot, Gas für bestimmte Zwecke zu verwenden, andererseits um eine mögliche Kontingentierung. Der Bundesrat droht eine Vorschrift zu erlassen, welche besagt, dass Wohnungen im Krisenfall nur noch auf maximal 19 Grad geheizt werden dürfen.

Gemäss Mitteilung der Landesregierung würde erst im Falle eines schweren Mangels die Verordnungen in Kraft gesetzt und dann angepasst werden müssen. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass die Verwendung von Gas zum Heizen von Gebäuden wie beispielsweise Schwimmbädern, Saunen oder Wellness-Anlagen verboten werden könnte. Dies würde auch heissen, dass die Temperaturen in mit Gas beheizten Innenräumen, auf 19 Grad beschränkt werden könnten.

Besteht ein Recht auf Mietzinsreduktion?

Müssen nun Vermieterinnen und Vermieter mögliche Mietzinsreduktionen akzeptieren, auch wenn sie die 19-Grad Regelung nicht zu verantworten haben?

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung dürfen Mieterinnen und Mieter mit Wohnungstemperaturen von mindestens 20 – 21 Grad rechnen. Bei Unterschreitung dieses Richtwerts besteht gemäss Bundesgericht ein Mangel an der Wohnung.

Gemäss Art. 256 OR sind Vermieterinnen und Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu erhalten. Die Mieterschaft kann bei zu kalten Wohnung nach Art. 259a ff. OR vorgehen und die Behebung des Mangels durch die Vermieterin bzw. den Vermieter oder allenfalls eine Mietzinsreduktion verlangen.

Unseres Erachtens kann diese Rechtsprechung jedoch nicht bei einer behördlich angeordneten Temperaturreduktion aufgrund einer Energiekrise in Analogie zu Art. 119 OR, welcher besagt, dass soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen, angewandt werden. Denn in diesem Fall folgen Vermieterinnen und Vermieter einer behördlichen Vorgabe. Die Vermieterschaft trägt keine Schuld an den Mangel. Eine Geltendmachung einer Verletzung von Art. 256 OR würde in unseren Augen gegen das Prinzip von Treu und Glauben i.S. von Art. 2 Abs. 1 ZGB verstossen.

Jedoch müsste geprüft werden, ob eine entsprechende finanzielle Entschädigung in Frage kommen würde. In diesem Fall müsste dies aber direkt von der anordnenden Behörde, also dem Bund geregelt werden. Eine Ausgestaltung könnte ähnlich wie die bei den Covid-19-Massnahmen Entschädigungen aussehen.

Umsetzbarkeit der Regelung

Die Mieter- und Vermieterschaft haben zudem kritisiert, dass die 19-Grad-Regel kaum umsetzbar sei. Denn es müsste klar festgelegt werden, wie die Messung der Temperatur zu erfolgen hat. Der Grund dafür ist, dass die Temperatur je nach Raum oder Höhe des Raums variieren kann. Darüber hinaus ist nicht deutlich, wer im Falle einer Verletzung der 19-Grad-Regel zuständig ist, die Mieterinnen und Mieter oder die Vermieterin bzw. der Vermieter.

Zusammenfassend würden Mieterinnen und Mieter es schwierig haben Mietzinsreduktionen nach Art. 259d OR verlangen zu können.

Wer letztlich die Konsequenzen der bundesrätlicher Vorschrift tragen wird, werden in Streitfall die zuständigen Gerichte beantworten müssen.

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